Therapiekonzept
Therapiekonzept
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Dieser Artikel ist sehr umfangreich. Wenn Sie nicht alles lesen, sondern gezielte Informationen
möchten, können Sie hier die verschiedenen Phasen des therapeutischen Konzeptes auch einzeln
ansteuern:
1. Abklärungsphase
2. Aufarbeitungsphase
I) Psychotherapie
II) Arbeitstherapie
III) Sozialtherapie
3. Bewältigungsphase
4. Ablösungsphase
5. Ambulante Weiterbehandlung
Therapiekonzept
Auf der Grundlage des bio-psycho-sozialen Modells verbindet unser therapeutischer Ansatz
Sozialtherapie, Psychotherapie, Körpertherapie und Arbeitstherapie miteinander.
Um den Reifungs- und Entwicklungsprozess der Gäste zu fördern wird der Behandlungsprozess in die
folgenden fünf Phasen aufgeteilt:
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1. Abklärungsphase
Hat sich der zukünftige Gast schriftlich bei uns beworben, erhält er einen Termin für ein
Vorstellungsgespräch, das ggf. mit Angehörigen oder Betreuern in unserem Haus stattfindet.
Es bietet dem Bewerber die Möglichkeit die Einrichtung kennen zu lernen.
Bei ausreichender Motivation wird ein einwöchiges Probewohnen vereinbart, damit der zukünftige
Gast die therapeutische Gemeinschaft kennen lernen kann. Am Ende der Probewoche findet ein
Gespräch des Bewerbers mit den Mitarbeitern und Mitgästen über die mögliche Aufnahme statt.
Kriterien für dieselbe sind ausreichende Motivation, Freiwilligkeit und die Bereitschaft das
Therapieprogramm zu akzeptieren.
Sobald ein Platz frei ist und die Kostengenehmigung vorliegt, wird dem Bewerber der
Aufnahmetermin mitgeteilt. Bei einer längeren Wartezeit erfolgt von Seiten des Gastes alle vier
Wochen ein kurzer aktueller Bericht, um den Kontakt aufrecht zu erhalten.
Die ersten vier Wochen in der therapeutischen Gemeinschaft gelten als Probezeit. In diese Zeit fällt
die diagnostische und prognostische Abklärung durch die Therapeuten. Danach wird zusammen mit
dem Gast ein individueller Behandlungsplan mit konkreten Zielvorgaben erstellt.
Mindestvoraussetzungen für die nächste Stufe sind:
Teilnahme am Therapieprogramm, Einhaltung der Hausregeln, Pünktlichkeit, Körperpflege sowie
Pflege des Wohnbereiches.
Die Therapievereinbarung gilt zunächst in der Regel für die Dauer von sechs Monaten. Danach kann
vom Gast jeweils eine Verlängerung beantragt werden.
2. Aufarbeitungsphase
Ziel dieser Phase ist die Entwicklung und Förderung folgender Fähigkeiten:
- Abbau von Selbstzerstörungstendenzen, Entwertungen, Ängsten, Zwängen und destruktiven
Verhaltensmustern jeglicher Art
- Vertiefte Krankheitseinsicht (Erkennen der Bedeutung der Symptomatik innerhalb der persönlichen
Lebensgeschichte) und Einüben positiver Handlungsstrategien zum konstruktiven Umgang mit der
Erkrankung
- Arbeitsfähigkeit
- Wertschätzung seiner selbst und anderer Menschen
- Einüben einer geregelten Tagesstruktur
- Freizeitgestaltung, Teilnahme am gesellschaftlichen Leben
- Aufnahme und Gestaltung sozialer Beziehungen
- Neue Sinn- und Wertfindung, gesunde Gewissensbildung
Im alltäglichen Zusammenleben kommt dem Erlernen von sozialen und lebenspraktischen Fähigkeiten
eine wichtige Bedeutung zu. Dazu gehört das Einüben eines gesunden Lebensstils, der sich
beginnend bei Körperpflege und Hygiene ebenso im Verzicht auf jegliche Suchtmittel einschließlich
Nikotin wie auch im verlässlichen Umgang mit den Rechten und Pflichten innerhalb der
therapeutischen Gemeinschaft äußert.
Die Umsetzung der Ziele dieser Phase stützt sich im Alltag auf die drei folgenden Säulen:
I)Therapie
Der geschützte Rahmen der therapeutischen Gemeinschaft stellt den Nährboden für die Nachreifung
grundlegender Ich-Fähigkeiten dar, die in den psychotherapeutischen Angeboten der Gemeinschaft
(wieder) erlernt werden können:
- Wahrnehmung, Unterscheidung und Regulierung eigener Gefühle und Impulse
- Wahrnehmung des anderen und Kommunikation
- Bindung und Beziehung
- Identität und Autonomie
- Regulierung des Selbstwertes
In der dreimal wöchentlich stattfindenden Gruppentherapie kommt das Potential der
therapeutischen Gemeinschaft zum Tragen. Die aktuellen Verhaltensmuster werden gespiegelt,
reflektiert und mit der persönlichen Lebensgeschichte in Verbindung gebracht. Anhand
verschiedenster gruppentherapeutischer Methoden wird die Dynamik der Prozesse verdeutlicht,
Therapieverträge und Zielsetzungen für den Heilungsprozess des Einzelnen werden in der Gruppe
abgesprochen.
Zusätzlich erhält jeder Gast einmal wöchentlich Einzeltherapie bei einem Therapeuten, mit dem er
ganz persönliche Dinge in einem besonders geschützten Rahmen bearbeiten kann. Die Einzeltherapie
ist als Ergänzung zur Gruppentherapie konzipiert. Nach der diagnostischen Abklärung innerhalb der
Probezeit wird entschieden, in welcher Form sie bei jedem Gast angezeigt ist.
Die Mal- und Gestaltungstherapie als nonverbale Methode bietet einmal wöchentlich die Möglichkeit
einen anderen Zugang zu Problemen zu entdecken. Die innere Situation des Gastes kann so auf eine
andere Art zum Ausdruck gebracht und in der Einzel- und Gruppentherapie weiter bearbeitet werden.
Die morgendliche Gymnastik und der wöchentliche Sport schließlich fördern einen gesunden Bezug
zum Körper und seiner Leistungsfähigkeit.
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II.) Arbeitstherapie
Sie ist eine tragende Säule im strukturierten Tagesablauf. Drei Arbeitstherapeuten leiten die Gäste bei
ihren Tätigkeiten in den verschiedenen Werkräumen an. Hier begegnet sich der Gast mit seiner
Einstellung zur Arbeit und zum Beruf, lernt sich real einzuschätzen bezüglich seiner Fähigkeiten und
Grenzen. In der täglichen Arbeitszeit von durchschnittlich sechs Stunden werden Ausdauer und
Durchhaltevermögen trainiert, ebenso Verantwortlichkeit, Pünktlichkeit, Kritik und Selbstkritik, der
Umgang mit Erfolg und Misserfolg erlernt.
Die Arbeitstherapie umfasst folgende Bereiche:
- Holzwerkstatt
- Näh- und Batikbereich
- Buchbindearbeiten
- Garten
- Gebäudeinstandhaltung
- Hauswirtschaft
Jeder Gast absolviert im Laufe seiner Therapie mehrrere hausinterne Küchenpraktika als Grundlage
für sein späteres selbständiges Wohnen.
Die Erzeugnisse der Arbeitstherapie werden in unserem Hofladen und auf verschiedenen Märkten
während des Jahres verkauft. Mit dem Erlös wird der jährliche Urlaub der Gruppe finanziert.
III.) Sozialtherapie
Neben der (Wieder-)Erlangung der psychischen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Gastes spielt
das Erlernen von Beziehungsfähigkeit eine wichtige Rolle für den Einzelnen und das
Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft. Heilung durch Beziehung kann als Kurzformel der
therapeutischen Gemeinschaft betrachtet werden.
Die bewusst frei gehaltenen Abende und Wochenenden bieten jedem Gast ausreichend Gelegenheit,
sich in seiner Beziehungsfähigkeit sowie der Fähigkeit mit sich allein zu sein einzuüben. Die herrliche
Umgebung lädt zu vielfältigen Freizeitaktivitäten wie Radfahren, Schwimmen, Wandern, Joggen und
Wintersport ein. Lindau bietet zudem ein umfangreiches kulturelles Programm (www.lindau.de).
Miteinander Feste zu feiern und zu gestalten fördert ebenso den Beziehungsaspekt wie der
gemeinsame zweiwöchige Urlaub, der jedes Jahr zusammen mit allen Mitarbeitern und auch
ehemaligen Gästen einen Höhepunkt des gemeinsamen Lebens darstellt.
Während der wöchentlichen Lebensorientierung werden geistliche und ethische Fragen im
Gruppengespräch erörtert. Auf der Grundlage des biblischen Menschenbildes dient sie als Hilfe zur
(Neu-)Findung von Sinn und Wert des eigenen Lebens. Toleranz gegenüber Andersdenkenden
verschiedener Glaubenseinstellungen wird hierbei gefördert, da keiner bestimmten Konfession der
Vorzug gegeben wird.
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3. Bewältigungsphase
In dieser Phase geht es darum, dass der Gast die in der geschützten Wohngemeinschaft (wieder-)
erworbenen Fähigkeiten verstärkt und neue Kontakte außerhalb des Hauses aufnimmt. Das kann
z.B. durch Kontakte zu den Ortsgemeinden und Vereinen geschehen oder in Form von
Schnupperpraktika in den umliegenden Betrieben der beruflichen Orientierung dienen. Der Gast
bewältigt in dieser Phase die anstehenden Lebensanforderungen mehr und mehr selbständig, wird
aber weiterhin therapeutisch begleitet.
Gegen Ende seiner Therapie wird er sich um einen Arbeitsplatz außerhalb des Hauses bemühen
bzw. um eine berufliche Ausbildung oder Umschulung. Von Seiten der Mitarbeiter erfährt der Gast
Unterstützung im Kontakt mit den Arbeitsstellen, Ausbildungsplätzen sowie den beteiligten Behörden.
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4. Ablösungsphase
Ist der Gast psychisch stabil und auch seine Zukunft, d.h. Wohnen und Arbeitsplatz, geplant und
gesichert, beginnt die Zeit des Abschiednehmens und der Ablösung aus dem geschützten Rahmen
der Einrichtung. Mit dem Ritual eines Abschiedsfestes wird der Gast in sein selbständiges Leben
entlassen.
Bei entsprechender Indikation kann die letzte Phase des stationären Aufenthaltes als Adaptionsphase
gestaltet werden: Der Gast wohnt dabei in einer von uns betreuten Wohngemeinschaft außerhalb der
"Stammeinrichtung" und kommt täglich zum gesamten Therapieprogramm ins Haus. Dadurch kann
der Übergang vom stationären in den ambulanten Rahmen schrittweise gestaltet und mehr
Selbständigkeit und Eigenverantwortung eingeübt werden.
5. Ambulante Weiterbehandlung
Für ehemalige Gäste gibt es verschiedene Möglichkeiten der ambulanten Weiterbehandlung und
Betreuung, die sich wie folgt gestalten:
- Teilnahme an einer 14-tägig stattfindenden Gruppentherapie
zur weiteren Stabilisierung und um den Alltagsanforderungen standzuhalten
- Fortsetzung der Einzeltherapie in Form von Gesprächen
- Aufnahme zu einer stabilisierenden Kurzbehandlung im Haus in Krisensituationen
(sofern kein psychiatrischer Krankenhausaufenthalt notwendig ist)
- Bildung von Außenwohngruppen mit anderen Ehemaligen,
für die ein Betreuungsangebot besteht
- Teilnahme an Festen, Seminaren und Veranstaltungen im Haus Weizenkorn
- Wahrnehmung des gemeinsamen alljährlichen Urlaubsangebotes
mit allen Gästen und Mitarbeitern des Hauses